In ihrer zweiten Einzelausstellung in der Galerie Reinhard Hauff zeigt die Stuttgarter Künstlerin Pia Maria Martin (*1974) ihre neuesten Trickfilme, die zum Thema Essen entstandenen sind. In dem durch Einzelbildschaltung animierten 16 mm – Film „marche au supplice“ (franz. „Gang zum Richtplatz“) begibt sich der gefiederte Kopf eines Hühnchens auf die Suche nach dem Rest seines filetierten Körpers. Mühsam arbeitet er sich aus einem mit Essensresten gefüllten Mülleimer auf die Arbeitsplatte einer Küchenzeile um dort Beine, Rumpf und Flügel mit dem roten Faden eines Topflappens akkurat zusammen zu flicken. Das Makabre dieses schaurigen Schauspiels, das Groteske der hastigen Bewegungen des Hühnchens und das unbedarft Komische seiner Handlungen wird durch die Kombination mit dem vierten Satz aus Hector Berlioz’ „Symphonie fantastique“, in dem der Traum eines Künstlers beschrieben wird, der seiner eigenen Hinrichtung beiwohnt, nicht nur zum Wettlauf gegen die Zeit (der Verwesung), sondern vielmehr zum Sinnbild des Laufens der Bilder. Denn Pia Maria Martin zeigt uns die Effekte des Kinos in ihrer unverstellten Rohheit, mit dem Charme einer ursprünglichen Authentizität, die die Produktion von Illusion nicht als digitale Simulation, sondern als rein analoges Verfahren versteht.
Zwischen Kinderfilm und Splatter-Movie ist auch die Theatralik des auf Super 8 gedrehten Films „Kalakeittos“ (finnisch „Fischsuppe“) angesiedelt. Dramatisch untermalt von Tschaikofskys Schwanensee nehmen sich in dem Film, der an die Küchenstücke der klassischen Stillebenmalerei erinnert, zwei Fische wie von selber aus, trennen sich anmutig von ihren Gräten und wandern von der Ballettmusik beschwingt, mitsamt des Gemüses in einen auf dem Herd wartenden Topf. So bitter die skurrile Tragik in den Filmen von Pia Maria Martin auch ist, ihre animierten Protagonisten wie das clevere Hühnchen oder die sich zärtlich liebenden Fische liefern stets Blicke in die Eingeweide des Films, bei denen das Zusammenspiel von Bild und Ton, Schnitt und Beleuchtung Gegenstand einer romantischen Erzählung ist.
In „Be Tricky!“ the Stuttgart artist Pia Maria Martin (*1974) shows recent films in a „magic kitchen“ setting. The cooks have all gone, so like toys who come to life when there are no people around, the ingredients in one film transform themselves into fish soup and in another film rescue themselves from a sad end as stuffed chicken. The 16 mm film „Be Tricky!“ features a severed and discarded head of a hen which goes searching for the rest of her bodyparts and rescues them as leftovers out of the kitchen garbage container. In the manner of reconstructive surgery the hen proceeds to sew her vital parts back together on the central part of her featherless body. „Resurrected“ - but with a few scars - the hen flaps ist wings and leaves through the kitchen door. The grotesque and comical is enhanced by Berlioz’s „Symphonie Fantastique“ which accompanies the scene. In „Kalakeittos“ (Finnish for fish soup) a pair of fish elegantly and lovingly zip their filets off their bones and to the sound of Tchaikowsky’s „Swan Lake“ make their way to the pot on the stove, joined by carrots, herbs and onions. The seriousness of death and man’s insatiable appetite are distanced by the magic spell. Both films have through light, music, setting and their amusing protagonists a Happy Ending.
Pia Maria Martin experiments in 16 mm and super 8 film. She composes every shot the way cartoons and animated trick films enal. imare produced. The imperfection in the execution - from a technical point of view - is intentional.
Exhibition view: Pia Maria Martin, be tricky!, Galerie Reinhard Hauff, 2004
Exhibition view: Pia Maria Martin, be tricky!, Galerie Reinhard Hauff, 2004
Exhibition view: Pia Maria Martin, be tricky!, Galerie Reinhard Hauff, 2004
Exhibition view: Pia Maria Martin, be tricky!, Galerie Reinhard Hauff, 2004
Exhibition view: Pia Maria Martin, be tricky!, Galerie Reinhard Hauff, 2004
Galerie Elisabeth & Reinhard Hauff
Paulinenstr. 47
D – 70178 Stuttgart
Opening Hours:
Tuesday – Friday: 1 – 6 p.m.
and by appointment
Winter Break:
The gallery is closed from 21.12.2024 until 07.01.2025